Interventionsstrategie zur Verbesserung der Händehygiene in Kleintierkliniken

Ausgangslage

In Kleintierkliniken kann es vorkommen, dass sich Tiere bei ihrem Aufenthalt mit multiresistenten Keimen infizieren. Dies lässt sich mit verbesserter Infektionsprävention vermeiden. In der Klinik erworbene Infektionen können eine ernsthafte Bedrohung für hospitalisierte Tiere und potentiell auch für tiermedizinisches Personal darstellen.

In einer Kleintierklinik wurden bspw. bei hospitalisierten Hunden und Katzen hochproblematische carbapenem-resistente E.coli festgestellt (Nigg et al., 2019). Das Tragen eines multiresistenten Keimes kann bis zu 136 Tagen nach der Entlassung in Hunden und Katzen bestehen bleiben (Dazio et al., 2021). Darüber hinaus wurden in verschiedenen Kleintierkliniken multiresistente Organismen auf häufig berührten Oberflächen nachgewiesen (Schmidt et al., 2020). Sogar einige Mitarbeitende in tierärztlichen Einrichtungen waren von multiresistenten Organismen betroffen (Endimiani et al., 2020; Fessler et al., 2018).

Die dokumentierten Kontaminationen von Patient:innen, Klinikumgebung und sogar Klinikpersonal erfordern Massnahmen in tiermedizinischen Einrichtungen. In der Humanmedizin stehen umfangreiche Instrumente zur Überwachung und Förderung der Händehygiene zur Verfügung. Es ist heute unklar, ob diese Instrumente auf die Veterinärmedizin übertragen werden können. 

In diesem Projekt hatten wir zum Ziel, passende Instrumente für Kleintierkliniken zu erarbeiten. Dazu haben wir die ersten drei Schritte unseres Ansatzes (Definition, Diagnose, Design) verwendet. 

Definition

Die Zielgruppe sowie das Zielverhalten wurden auf der Grundlage von Beobachtungen, Vorgesprächen sowie einer Literaturanalyse definiert. 

Zielgruppe

Eine gute Händehygiene ist im Klinikalltag schwierig einzuhalten. Die Haltung der Hunde und Katzen in Zwingern und Boxen auf den Stationen wie auch auf der Intensivstation bieten besonders schlechte Bedingungen für eine korrekte Einhaltung der Händehygiene (Arbeitsbelastung/Stress, Anzahl der Patienten). Dies bedeutet, dass alle Berufsgruppen, welche in diesen Räumen arbeiten (Tiermedizinische Praxisassistent:innen sowie Ärzt:innen) zur Zielgruppe dieses Projektes gehören.

Zielverhalten

Am schwierigsten ist die Einhaltung der Händehygiene vor und nach Handlungen ohne Kontakt mit Körperflüssigkeiten sowie vor und nach Kontakt mit Materialien oder der Umwelt. Die betrifft mehrere Arbeitsschritte der Zielgruppe und das Zielverhalten konnte somit nicht auf wenige ausgewählte Handlungen heruntergebrochen werden. Aus diesem Grund wurde in diesem Projekt auf den ganzheitlichen Vorgang der korrekten Händehygiene fokussiert und als Zielverhalten wurden alle Arbeitsschritte, die auf den Stationen und in der Intensivstation durchgeführt werden, definiert.

Diagnose

In einem zweiten Schritt wurde nach Gründen gesucht, weshalb das tatsächliche Verhalten nicht mit dem gewünschten Verhalten übereinstimmt. Zur Ermittlung der Barrieren, welche die Einhaltung der Händehygiene behindern, und der Vorteile, welche diese vorantreiben, wurden mit allen betroffenen Berufsgruppen Interviews (Fokusgruppen: Tiermedizinische Praxisassitent:innen sowie Ärzt:innen) durchgeführt.

Design

Auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Interviews wurde ein massgeschneiderter Interventionsmix entwickelt, mit welchem die Einhaltung der Händehygiene im Kleintierspital gefördert werden kann.

Dabei wurden die drei wichtigsten Handlungsfelder identifiziert. Danach wurde als theoretischer Rahmen die Bildung von Gewohnheiten definiert. Für die Bildung von Gewohnheiten wurde anschliessend ein Modell für das Design der Interventionsstrategie ausgewählt. Basierend auf dem theoretischen Rahmen und dem Modell konnten 5 einzelne Interventionsmassnahmen zur Umsetzung in Kleintierkliniken abgeleitet werden. 

Dazio, V., Nigg, A., Schmidt, J. S., Brilhante, M., Campos-Madueno, E. I., Mauri, N., Kuster, S. P., Brawand, S. G., Willi, B., Endimiani, A., Perreten, V., & Schuller, S. (2021). Duration of carriage of multidrug-resistant bacteria in dogs and cats in veterinary care and co-carriage with their owners. One Health, 13, 100322. https://doi.org/10.1016/j.onehlt.2021.100322

Endimiani, A., Brilhante, M., Bernasconi, O. J., Perreten, V., Schmidt, J. S., Dazio, V., Nigg, A., Brawand, S. G., Kuster, S. P., Schuller, S., & Willi, B. (2020). Employees of Swiss veterinary clinics colonized with epidemic clones of carbapenemase-producing. Journal of Antimicrobial Chemotherapy, 75(3), 766–768. https://doi.org/10.1093/jac/dkz470

Fessler, A. T., Schuenemann, R., Kadlec, K., Hensel, V., Brombach, J., Murugaiyan, J., Oechtering, G., Burgener, I. A., & Schwarz, S. (2018). Methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) and methicillin-resistant Staphylococcus pseudintermedius (MRSP) among employees and in the environment of a small animal hospital. Veterinary Microbiology, 221, 153–158. https://doi.org/10.1016/j.vetmic.2018.06.001

Nigg, A., Brilhante, M., Dazio, V., Clément, M., Collaud, A., Gobeli Brawand, S., Willi, B., Endimiani, A., Schuller, S., & Perreten, V. (2019). Shedding of OXA-181 carbapenemase-producing Escherichia coli from companion animals after hospitalisation in Switzerland: An outbreak in 2018. Eurosurveillance, 24(39), 1–12. https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES.2019.24.39.1900071

Schmidt, J. S., Kuster, S. P., Nigg, A., Dazio, V., Brilhante, M., Clément, M., Schuller, S., Endimiani, A., Perreten, V., & Willi, B. (2020). Evaluation of infection prevention and control standards and carriage of multidrug-resistant organisms in working staff in small animal clinics and practices in Switzerland. Journal of Veterinary Internal Medicine, 34(1), 374–375. https://doi.org/10.1111/jvim.15658